Leipziger Preis
 
 

 

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Laudatio von Herrn Alain Vivien bei der Verleihung des Leipziger Menschenrechtspreises 2003 an Herrn Andreas Heldal Lund


Sehr geehrter Herr Heldal-Lund,

erlauben Sie mir zunächst, alle Persönlichkeiten aus Deutschland und dem Ausland zu begrüßen, die an dieser Veranstaltung teilnehmen.

Ich möchte auch den Präsidenten des Komitees, Herrn Armstrong aus Kanada, Herrn Cisar aus den USA, Herrn Gandow aus Deutschland und allen übrigen Mitgliedern des Bürgerkomitees für Menschenrechte und Religionsfreiheit herzlich für ihre Einladung danken. Schließlich möchte ich auch alle anderen geistigen Autoritäten grüßen, die diese Initiative unterstützen.

Heute feiern wir die Verleihung des Leipziger Menschenrechtspreises 2003 an einen norwegischen Bürger, Herrn Andreas Heldal Lund, der für seine Entschlossenheit und sein mutiges Engagement wohl bekannt ist. Sein Werk ist bereits sehr beachtlich und über die Grenzen Europas hinaus bekannt.

Der Kampf gegen das Kultwesen ist in der ganzen Welt eine brennende Verpflichtung geworden und man kann sich beglückwünschen, daß in der Mehrheit der Staaten sich Frauen und Männer erhoben haben, die entschlossen sind, diese neuen Formen von totalitären Systemen zu bekämpfen.

In der gegenwärtigen Unordnung der internationalen Beziehungen stellt der Machtwille gewisser Leute eine Bedrohung für die Demokratie und für denjenigen fundamentalen Aspekt der Menschenrechte dar, der die Freiheiten und die Meinungsvielfalt betrifft.

Diese Bedrohung ist umso gefährlicher, als sie sich unter der vorgeschobenen Absicht verbirgt, gerade die Religionsfreiheit zu fördern. Aber um was für eine Religionsfreiheit handelt es sich, wenn zwei monotheistische Feinde die Waffen gegeneinander erheben und beide göttlichen Schutz anrufen? Es wäre weise, in Auseinandersetzungen, deren Berechtigung weit davon entfernt ist, evident zu sein, Gott nicht ins Spiel zu bringen.

In diesen Konfrontationen, die sich in den kommenden Monaten zu entzünden drohen, sind die Kulte nicht abwesend. Die Unterstützung, die sie in der Vergangenheit gewissen Politikern gewährt haben, findet nur Gleiches in ihrer aggressive Machtpolitik und in der Dreistigkeit ihres Verhaltens in ihrem Umgang mit anderen.

Aber um ihre Ziele zu erreichen, müssen die Sekten ihre eigentlichen Absichten verbergen. Zu diesem Zwecke versuchen sie, diejenigen zum Schweigen zu bringen, welche auf sie jene Aufmerksamkeit richten, die für die Meinungsbildung notwendig ist.

Angesichts des Gebrauchs, den man heute von den Mitteln der Informationstechnologie machen kann, meinten die Kulte, daß dieser Bereich für sie ungeheuer profitabel sein könnte. Aber sie mußten feststellen - wie in der Fabel von Äsop -, daß jeder technologische Fortschritt zugleich Gegenkräfte ins Spiel bringt, die schwer zu kontrollieren sind.

Seitdem Herr Andreas Heldal Lund die durchschlagende Idee hatte, eine Webseite zu schaffen, die in der ganzen Welt die Realität darüber verbreitet, was Scientology eigentlich ist, hat die Sekte, die schließlich den Informationen nicht widersprechen konnte, die von ihr selbst stammten, sich darauf beschränkt, zu versuchen, die Verbreitung zu verhindern.

Die Frage mißbräuchlicher Klageführung wegen des Copyrights hat bereits im Jahre 2000 die Aufmerksamkeit der französischen Regierung auf sich gezogen. Sie bedeutet in der Tat einen offensichtlichen Angriff auf die Freiheit der Meinungsäußerung, die durch all die internationalen Vereinbarungen bestätigt ist, welche die Menschenrechte schützen. Wie kann man denn wirklich von Freiheit reden, wenn es eine Zensur gibt?

Ist die kürzlich erfolgte Annahme eines amerikanischen Gesetzes über den Schutz der Urheberrechte dabei, hinsichtlich dieser fundamentalen Freiheit ein Werkzeug der Polizei zu werden ? Diese Frage stellt sich an die Vereinigten Staaten selbst, wenn man einer Veröffentlichung der Associated Press vom 6. April dieses Jahres glaubt. Gewiß, der Präsident der amerikanischen Vereinigung für Informationstechnologie spielt das Risiko herunter, indem er vorgibt, "wenn es damit viel Mißbrauch gäbe, würde man darüber noch einmal sprechen".

Aber wenn man die Kosten von in den USA anzustrengenden Gerichtsprozessen in Rechnung stellt, die endlosen Prozeduren und den Druck, der von den Sekten in diesem nachgiebigen Staat ausgeübt wird, dann versteht man, warum Beschwerden noch nicht sehr zahlreich geworden sind.

Und wer kann garantieren, daß das Wachwerden des allgemeinen Bewußtseins über die Gefahren die Kulte in Zukunft nicht noch offensiver machen wird?

Für seinen Teil hat es Andreas Heldal Lund nicht gescheut, die Realität des Verhaltens der Scientology-Organisation durch ihre eigenen Schriften zu enthüllen. Er hat dies mit Rechtschaffenheit und Respekt und intellektueller Redlichkeit getan wie sie erforderlich sind und tut es weiterhin. Er hat damit einen Beitrag zum öffentlichen Wohl geleistet.

Er ist damit Vorbild einer solch großen Seelenkraft, wie sie in solch schwierigen Zeiten unerläßlich ist und die es den besten Geistern ermöglicht, daran auch ihre eigene Widerstandsfähigkeit zu stärken.

Mit Herrn Andreas Heldal Lund trägt Norwegen, daß sich schon seit langem den Werten der Demokratie verpflichtet hat, zur Verwirklichung der Prinzipien bei, die das moralische Rückrat eines Europas auf dem Wege der Vereinigung bilden.

Sicherlich, der Fanatismus und die Bestreitung menschlicher Werte haben in diesen letzten Jahren bisher ungeahnte Zustände erreicht. Einige Akteure sind in einen arroganten Fundamentalismus verstrickt. Andere träumen immer noch davon, ihre ökonomische und moralische Vorherrschaft freien Nationen aufzudrücken, in der Überzeugung, daß ihre derzeitigen Führer allein im Besitz der Wahrheit seien.

Diese traurigen Fakten sollen uns aber nicht dazu verleiten, deswegen zu verzweifeln, sondern vielmehr uns dessen bewußt zu werden, daß die Ideale der Bürgergesellschaft eine einzigartige Quelle des Fortschritts der Menschheit sind. Unsere demokratischen Gesellschaften sind zerbrechlich, das ist zweifellos wahr und offensichtlich. Aber die Geschichte hat uns gezeigt, ganz besonders hier in Leipzig, daß, wenn die Bürgerinnen und Bürger "Nein" sagen, die totalitären Systeme, seien sie alt oder neu, einzustürzen beginnen.

Jene, die von einer neuen Gedankenpolizei träumen, sollten einsehen: Sie können die Bewegung der Emanzipation des Geistes ja doch nur verlangsamen, aber nicht vernichten.

Aber wieviel Leiden könnten unterdessen vermieden werden!

Indem das internationale Bürgerkomitee Herrn Andreas Heldal Lund diesen Preis der Freiheit überreicht, dankt es einer starken und leuchtenden Persönlichkeit.

Herr Andreas Heldal Lund zeigt, den Weg, der zu verfolgen ist,

  • damit das Wort von der Freiheit nicht sinnlos bleibt;
  • damit die Freiheit des Denkens und Glaubens aufhört, nur Maskerade zu sein.
  • damit die authentischen spirituellen und philosophischen Kräfte, und der offene und friedliche Diskurs unter ihnen, ohne die unsere Welt erneut in unsägliche Katastrophen laufen würde, zum Wohle der ganzen Menschheit gestärkt werden.

Alain Vivien

 

2003

Preisträger

Preisverleihung

Laudatio

Rede Preisträger

im Presseecho

ausgewählte
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2002

2001

2000

 

 

 

 

 
 

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